Comic Con Germany 2017 – Oder: die Luft ist raus

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Zugegeben, der Titel dieses Con-Berichts klingt etwas provokativ. Wo er herrührt, das erfahrt ihr aber im Lauf der nächsten Zeilen, während ich euch schildere, ob sich der diesjährige Besuch auf der Comic Con Germany 2017 in Stuttgart gelohnt hat.

Weltweit erfreuen sich Comic Cons größter Beliebtheit, der Hype ist nach wie vor enorm. Zugleich war meiner Auffassung nach das deutsche Publikum schon seit jeher das falsche Zielpublikum. Darüber habe ich in meinem Bericht zur German Comic Con in München bereits geschrieben. Dabei rede ich nicht von Manga- und Animetreffen, wie sie schon seit langem auch bei uns stattfinden, sondern von den „großen“ Events, die einerseits die Comic-/Mangasparte bedienen, andererseits aber auch mit Stars aus Film und Fernsehen die Autogrammsammler locken und Panels abhalten.

Comic Con Stuttgart 2017

Wer am Samstagmorgen in Stuttgart ankam, der hat schon sehr, sehr deutlich gemerkt, dass in diesem Jahr weit weniger los war. Im Foyer konnte man sich noch gut bewegen, ohne jedwedes Gedränge. Man hatte jede Menge Platz, um sich herum. Natürlich füllten sich die Hallen noch ein wenig bis Mittag, doch war der Andrang nach wie vor bei weitem nicht so groß wie im vergangenen Jahr.

Man kann nun natürlich darüber spekulieren, weshalb weit weniger Menschen nach Stuttgart kamen. Vielleicht sind die Leute schon überfordert: Zu viele Cons in so kurzer Zeit. Oder gerade die Mainstream-Besucher, die im vergangenen Jahr noch sagten „Oh, Comic Con, das muss cool sein, da muss ich auch mal hin“, haben allmählich ein etwas realistischeres Bild von Comic Cons als noch zu Zeiten, in denen man Comic Cons in Deutschland nur aus der Ferne kannte.

Betrat man die Halle, merkte man sehr schnell, dass sich zwar einiges geändert hatte, aber nicht unbedingt zum Besseren. Schon bei der ersten Comic Con Germany in Stuttgart gab es das ein oder andere Manko. Eben jene Mankos blieben erhalten – und dienten als gute Grundlage für weitere.

Die Händler- und Ausstellerarea: Erneut gaben sich Händler und Aussteller größte Mühe. Hier kann man wirklich nicht meckern. Wenngleich so manch ein Preis am ein oder anderen Stand wohl ein „Comic Con Spezial“ war und man dann doch lieber im nächsten Laden kaufen ging. Aber Aktionen wie zum Beispiel am Panini-Stand, im Cosplay Kingdom und der Segway-Parcour waren zum einen ein schöner Anlass für Sammler, sich das ein oder andere seltene Objekt nach Hause zu holen, zum anderen ein interessanter Einblick in die kreative Welt des Kostümbaus und ebenso eine nette Abwechslung für alle jene, die einfach nur auf ihre Kosten kommen wollten.

Der Spaß verging aber nicht nur aufgrund der Preise an manchen Ständen sehr schnell, sondern auch, weil schlichtweg zu wenig Platz war. Die Gänge zwischen den Händler- und Ausstellertischen waren schlichtweg zu schmal, was irgendwie ironisch ist, bedenkt man, dass insbesondere zu Beginn der Veranstaltung sehr wenig Andrang herrschte, und man obendrein in der Autogrammarea beim Anstellen für die Voucher einen Anpfiff erhielt, wenn nicht mindestes X Meter Platz zur gegenüberliegenden Schlange waren, weil sonst die Feuerwehr meckerte. Gerade an den Cosplay und Fanständen vermieste der mangelnde Platz dann aber auch den Spaß, denn teilweise war es aufgrund des Gedränges oder des mangelnden Abstandes schlichtweg unmöglich, Fotos zu knipsen.

Die Autogramme

Das bringt uns auch schon zu den Autogrammen. Dieser Bereich hatte sich grundlegend geändert. Im vergangenen Jahr waren die Autogramme auf der Galerie in Halle 1 untergebracht und nur wer einen gültigen Autogrammvoucher hatte, durfte überhaupt in die Area – zumindest am Samstag. Doch dann war dort so wenig los und es wurden so wenige Autogramme verkauft, dass der Bereich am Sonntag für alle geöffnet wurde und dort wildes Chaos herrschte: denn plötzlich wollte jeder „mal gucken, wer da am Tisch sitzt“ und vielleicht noch ein Foto knipsen, während nur ein paar wenige überhaupt ein Autogramm kauften.

Dieses Jahr befanden sich die Autogrammtische in Halle 3, aufgesplittet auf mehrere Blöcke zu je 4 Personen. Das entzerrte zwangsläufig und war an sich recht praktisch. Die Situation hatte sich in Sachen Platz somit grundlegend verbessert. Allerdings konnten Autogrammvoucher für die jeweiligen Gäste auch nur an der einen einzigen Kasse an diesem Block gekauft werden. Das klingt zunächst logisch und funktioniert auch einigermaßen, da im Verhältnis betrachtet nur wenige Besucher Autogramme kaufen. Wer allerdings Autogramme von mehreren der anwesenden Stars wollte, der musste sich im schlimmsten Fall auch mehrmals anstellen, was ganz sich als ganz schön zeitraubend herausstellte.

Erneut waren einige der Autogramme allerdings überteuert und man muss auch sagen, dass die Gästeliste der Comic Con Germany gerade gegen Ende zu immer unspektakulärer wurde. Natürlich liegt das immer im Ermessen des Einzelnen. Doch sollte man – und das ist ein generelles Problem in Deutschland – davon absehen, mit „Hollywood-Stars“ zu werben, wenn man schlichtweg keine Stars da hat, die in den Köpfen der potenziellen Besucher auch Hollywood-Stars sind. Ohne auch nur einem einzigen der anwesenden Stars seinen wohlverdienten Erfolg absprechen zu wollen, denkt der Besucher beim Thema „Hollywood“ dann doch eher an die Stars der neuesten Blockbuster statt an einen John Barrowman, Ricky Whittle oder Dirk Benedict, die neben weiteren als Headliner der Con gewonnen werden konnten.

Die Photo Shoots

Die Photo Shoots stellten eine enorme Verbesserung zum vergangenen Jahr dar. Zwar war der Einlass in die Area zunächst nicht ganz klar und nur per handschriftlicher A4-Notiz an einer Säule wurde auf den richtigen Eingang hingewiesen, doch wurde in diesem Jahr 1. weniger gehetzt und 2. weniger „gegrabscht“. Beides liegt näher beisammen, als man sich vorstellen mag, wie sich 2016 allerdings deutlich zeigte. Die Crew an den Photo Areas hatte die wartenden Fans häufig an Schultern, Armen, Rücken und sogar an der Hüfte gepackt, gehalten und förmlich in die Fotos gestoßen.

Die Besucher hatten sich – völlig zurecht – vor Ort und auch nach dem Event ausführlich über diesen Zustand beschwert und bei den diesjährigen Fotos war dies nicht der Fall – soweit ich das bei zwei Photo Shoots und einigen Erzählungen zufolge behaupten kann.

Die Panels

…waren ein Chaos, wenn man das mal so behaupten kann. Dabei ist es egal, ob man von den Panels auf der Main Stage spricht oder von den Panels im Atrium. Die Main Stage wurde in diesem Jahr anders ausgerichtet und nahm somit wesentlich weniger Platz in der Halle 3 ein – wo zudem zahlreiche Stände von Händlern und Ausstellern untergebracht waren – bot aber zumindest gefühlt auch weit weniger Platz. Genaue Zahlen liegen mir an dieser Stelle nicht vor.

Fatal war in diesem Fall, dass nun auch auf der Main Stage alle Panels kostenfrei angeboten wurden. Fatal vor allem, weil nun natürlich jeder, der sich weder ein Autogramm noch ein Foto leisten, den Star zumindest auf der Bühne sehen möchte und somit die Panelarea stürmt. Somit ist diese zum Brechen vollgestopft mit Menschen, die das Panel sehen wollen und teilweise saßen die nicht nur auf den angebotenen Plätzen, sondern gar auf dem Boden neben den Sitzreihen, sowohl außerhalb wie auch in den Gängen.

Dadurch wirkt die Bitte, man solle doch den Fluchtweg gemäß Feuerwehraussage freihalten, noch ein wenig seltsamer, da eine Flucht in diesem Fall für viele schlichtweg unmöglich gewesen wäre.

Ähnliche Szenen spielten sich am Samstagabend beim Cosplay Contest im Atrium ab, als zu Beginn zwar der Hinweis durchgegeben wurde, man solle die Treppe freihalten. Nachzügler interessierte das jedoch reichlich wenig und so waren Sitzplätze, Böden, Gänge und jedwede Treppe voll und ganz in Beschlag genommen, was den Veranstalter dann während des Contests auch nicht weiter zu interessieren schien. DAS kann jedenfalls nicht im Sinne der Feuerwehr und der Sicherheit sein.

Fazit zur Comic Con Germany 2017

Die Comic Con Germany 2017 bewegte sich ungefähr auf dem selben Level wie im Jahr zuvor. Leider gab es relativ wenige Verbesserungen, dafür aber teils gewaltige Verschlechterungen. Gerade die Panels stechen hier ins Auge. Insgesamt schienen die meisten Besucher Spaß zu haben. Es fiel aber erneut auf, wie wenig Andrang bei den Autogrammen und Fotos herrschte, sah man einmal von John Barrowman und Ricky Whittle ab, wegen denen sich die meisten wohl ihr Ticket geholt hatten. Wer nur kam, um etwas Con-Luft zu schnuppern, Cosplays zu sehen und die Stände auszuchecken, für den dürfte es eine reibungslose Con gewesen sein. Wer den Vergleich zu internationalen Cons hat und hoffte, Stuttgart würde sich in diesem Jahr selbst überbieten, dessen Träume sind geplatzt. Denn gerade im Hinblick auf das, was der typische Con-Gänger und Sammler sehen möchte, war die Luft irgendwie raus.

Was andere Bereiche angeht, bleibt abzuwarten, was im kommenden Jahr auf die Besucher zukommt und welche drastischeren und weniger drastischen Veränderungen es geben wird.




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